Was regelt das Nachweisgesetz?
Im Nachweisgesetz ist die Verpflichtung des Arbeitgebers geregelt, den Arbeitnehmer über die vereinbarten wesentlichen Arbeitsbedingungen seines Beschäftigungsverhältnisses unter Einhaltung gewisser Form- und Fristvorschriften zu informieren. Das Ziel des Nachweisgesetzes ist es, die Arbeitsbedingungen für den Arbeitnehmer transparenter und vorhersehbarer zu machen. Nach dem bisherigen Nachweisgesetz war der Arbeitgeber noch dazu verpflichtet die wesentlichen Arbeitsbedingungen ausschließlich schriftlich niederzulegen. In der Praxis erfüllt der Arbeitgeber diese Pflicht regelmäßig durch den Abschluss eines schriftlichen Arbeitsvertrages in Papierform mit eigenhändiger Unterschrift. Im Wege der mit dem Vierten Bürokratieentlastungsgesetz zum 1. Januar 2025 in Kraft getretenen Neureglungen des Nachweisgesetzes kann der Nachweis unter bestimmten Voraussetzungen nun auch in Textform erstellt und elektronisch übermittelt werden (vgl. § 2 Abs. 1 S. 2 Nachweisgesetz).
Über welche Vertragsbedingungen muss der Arbeitgeber informieren?
Gemäß dem Nachweisgesetz hat der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses zu informieren. Dazu zählen:
- Vertragsparteien (Nr. 1),
- Beginn des Arbeitsverhältnisses (Nr. 2),
- Dauer des Arbeitsverhältnisses/Befristung (Nr. 3),
- Arbeitsort (Nr. 4),
- Tätigkeitsbeschreibung (Nr. 5),
- Probezeit (Nr. 6),
- Arbeitsentgelt: Höhe, Zusammensetzung, Fälligkeit, Art der Auszahlung (Nr. 7),
- Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten, Schichtarbeit (Nr. 8),
- Arbeit auf Abruf (Nr. 9),
- Überstunden (Nr. 10),
- Erholungsurlaub (Nr. 11),
- Fortbildung (Nr. 12),
- Betriebliche Altersvorsorge (Nr. 13),
- Kündigung (Nr. 14),
- Hinweis auf Kollektivvereinbarungen (Nr. 15).
Der Katalog der Regelungsgegenstände ist nicht abschließend. Sind im Arbeitsverhältnis weitere Aspekte relevant wie etwa Ausschlussfristen oder Wettbewerbsverbote, sind auch diese mit in die Niederschrift mit aufzunehmen. Allerdings muss der Arbeitgeber nur die Regelungsgegenstände im Nachweis aufführen, die für das Arbeitsverhältnis tatsächlich gelten.
Der Arbeitgeber kommt der Nachweiserbringung nach, indem er die (noch nicht mitgeteilten) Arbeitsbedingungen erläuternd auflistet und dem Arbeitnehmer zur Verfügung stellt. Bestehende Arbeitsverträge müssen dafür nicht geändert werden. Es empfiehlt sich jedoch eine Anpassung der Vertragsmuster für Neueinstellungen, sofern darin noch nicht alle wesentlichen Vertragsbedingungen aufgeführt sind.
Bezüglich bestimmter Arbeitsbedingungen, die in einem Tarifvertrag oder einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung geregelt sind, ist ein entsprechender Verweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Kollektivvereinbarungen ausreichend. In Bezug auf die Regelungsgegenstände ,,Erholungsurlaub“ und ,,Kündigung“ kann auf die geltenden gesetzlichen Vorschriften verwiesen werden.
Bei Auslandsaufenthalten, die länger als vier zusammenhängende Wochen dauern oder die unter den Anwendungsbereich der europäischen Entsenderichtlinie fallen, sind weitere Vertragsbedingungen in den Nachweis aufzunehmen wie etwa besondere Entsendemodalitäten.
Welche Formvorschriften sind zu beachten?
Das Nachweisgesetzt legt fest, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich auf Papier zu informieren hat und die Niederschrift eigenhändig mit Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen ist.
Seit dem 1. Januar 2025 gelten für den Arbeitgeber Formerleichterungen bei der Nachweiserbringung. Der Nachweis kann unter bestimmten Bedingungen auch in Textform abgefasst und elektronisch übermittelt werden, etwa durch E-Mail, SMS oder sonstige Textnachrichten. Erforderlich ist allerdings, dass
- das Dokument dem Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann sowie
- der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit der Übermittlung des Nachweises auffordert, ihm einen Empfangsnachweis zu erteilen.
Der Arbeitgeber sollte den Empfangsnachweis zu Beweiszwecken archivieren.
Die Einhaltung der Formvorschriften ist keine Voraussetzung für den rechtlichen Bestand des Beschäftigungsverhältnisses. Sie dienen der zwingenden Information des Arbeitnehmers.
Kann der Arbeitnehmer trotz Nachweiserbringung in Textform einen schriftlichen Nachweis verlangen?
Sollte der Arbeitgeber den Nachweis in Textform erteilen, hat Arbeitnehmer gleichwohl ein Recht die Nachweiserbringung in Schriftform zu fordern. Allerdings muss dazu der Arbeitnehmer den Arbeitgeber ausdrücklich auffordern. Ist dies erfolgt hat der Arbeitgeber die Niederschrift unverzüglich unter Hinweis auf den Geltungsbeginn der wesentlichen Vertragsbedingungen in Schriftform zu erteilen.
Welche Fristen hat der Arbeitgeber beim Nachweis einzuhalten?
Der Arbeitgeber hat dem Arbeitnehmer die wesentlichen Vertragsbedingungen fristgerecht mitzuteilen. Die Fristen richten sich nach dem Einstellungsdatum des Arbeitnehmers beim Arbeitgeber (Stichtag ist der 1. August 2022) sowie danach, um welchen Regelungsgegenstand es sich handelt.
Der Arbeitgeber hat bei Neubegründung des Arbeitsverhältnisses mit dem Arbeitnehmer ab dem 1. August 2022 folgende Fristen einzuhalten
Über diese Angabe ist zu informieren: | Frist: |
Name und Anschrift der Vertragsparteien (Nr. 1) | Spätestens am ersten Arbeitstag |
Beginn des Arbeitsverhältnisses (Nr. 2) | Spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses |
Erholungsurlaub (Nr. 11) | Spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses |
War der Arbeitnehmer bereits vor dem 1. August 2022 beim Arbeitgeber beschäftigt, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, von sich aus die wesentlichen Vertragsbedingungen nachzuweisen. Eine Nachweispflicht entsteht erst, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber ausdrücklich dazu auffordert. Dabei gelten folgende Fristen:
Über diese Angaben ist zu informieren | Frist |
Name und Anschrift der Vertragsparteien (Nr. 1) | Spätestens am siebten Kalendertag nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber |
Erholungsurlaub (Nr. 11) | Spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung beim Arbeitgeber |
Wie sind Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen mitzuteilen?
Kommt es zu Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen, ist dies dem Arbeitnehmer spätestens an dem Tag mitzuteilen, an dem diese wirksam werden. Dies gilt für alle Arbeitnehmer ungeachtet ihres Beschäftigungsbeginns beim Arbeitgeber. Der Nachweis ist schriftlich oder soweit zulässig in Textform zu erbringen.
Entscheidet sich der Arbeitgeber für die Textform, kann der Arbeitnehmer dennoch einen schriftlichen Nachweis verlangen. Diesen muss der Arbeitgeber dann unverzüglich und unter Angabe des Geltungsbeginns der wesentlichen Vertragsbedingungen erteilen. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber der Nachweiserbringung über Vertragsveränderungen überhaupt nicht nachgekommen ist.
Keine Nachweispflicht besteht bei Änderung der gesetzlichen Vorschriften, Tarifverträgen, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen und ähnlichen Regelungen, die für das Arbeitsverhältnis gelten.
Arbeitgeber aus den Wirtschaftsbereich des § 2a Abs. 1 SchwarzArbG müssen den Arbeitnehmern Änderungen der wesentlichen Vertragsbedingungen zwingend in schriftlicher Form mitteilen. Das betrifft u.a. das Baugewerbe und das Gebäudereinigungsgewerbe. Eine Nachweiserbringung in Textform sowie in elektronischer Form ist in diesen Wirtschaftsbereichen unzulässig.
Wann kann ein Nachweis entbehrlich sein?
Eine Verpflichtung zum Nachweis ist entbehrlich, wenn der Arbeitnehmer bereits einen schriftlichen Arbeitsvertrag ausgehändigt bzw. ein Arbeitsvertrag in Textform nach den Formvorschriften des Nachweisgesetztes übermittelt bekommen hat und dieser die jeweiligen Nachweise die nach dem Nachweisgesetzt erforderlich sind bereits enthält (vgl. § 2 Abs. 5 NachwG).
Welche Folgen hat eine Missachtung des Nachweisgesetzes für den Arbeitgeber?
Der Arbeitnehmer hat gegenüber dem Arbeitgeber einen Erfüllungsanspruch auf Nachweiserteilung der wesentlichen Vertragsbedingungen. Kommt der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nicht ordnungsgemäß nach, stellt dies eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen oder deren Änderungen nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig aushändigt. Verstöße gegen das Nachweisgesetz werden mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 Euro geahndet.
Außerdem kann eine Verletzung der Nachweispflicht zu Schadenersatzansprüchen des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber führen.
Welche Handlungsempfehlung gibt es?
Bei Neueinstellungen empfiehlt es sich die Vertragsmuster an die Anforderungen des Nachweisgesetzes anzupassen. Des Weiteren gilt es, für Arbeitnehmer, die bereits vor dem 1. August 2022 beim Arbeitgeber beschäftigt waren, bei entsprechender Aufforderung einen Nachweis über die wesentlichen Vertragsbedingungen anzufertigen.
Ansprechpartnerin Handwerkskammer Chemnitz: Rechtsberaterin Susann Kleemann | Tel. 0371/5364-244 |
Merkblatt "Nachweisgesetz" [PDF]
31.01.2025