Nachlassende Aufträge und hohe Kosten führen zu Rezessionsängsten
Die wirtschaftliche Lage der Region ist angespannt. Die Erholung der regionalen Wirtschaft nach der Abschwächung der Energieversorgungskrise war nur von kurzer Dauer. Die Unternehmen und Handwerksbetriebe der Region sehen sich durch anhaltende Kostensteigerungen und Auftragsrückgänge in ihrer Existenz gefährdet. Die aktuelle Herbstumfrage unter den Mitgliedern der Handwerkskammer Chemnitz und der Industrie- und Handelskammer Chemnitz zeigt, dass die regionale Wirtschaft am Rande einer Rezession steht. Der gemeinsame Geschäftsklimaindex, der gleichrangig die Einschätzungen zur aktuellen Lage sowie zu den Geschäftserwartungen abbildet, liegt aktuell bei 91 Punkten und verfehlt damit nur knapp den Tiefstwert des Vorjahres (79 Punkte). Damit bleibt der Wert auf dem Niveau der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2009/10.
Der Geschäftsklimaindex im Handwerk steigt gegenüber der Vorjahresumfrage minimal auf 102 Punkte. Auch wenn sich die Lage zum Vorjahr leicht positiv entwickelt hat (+3 Punkte), was vor allen an den gesunkenen Energiepreisen liegt, sind die Geschäftserwartungen der Betriebe besonders stark rückläufig (-9 Punkte). Nur noch knapp die Hälfte (48 Prozent der Betriebe bewerten ihre Lage als gut und 37 Prozent als befriedigend. Gerade in Branchen mit großem Vorlauf wie dem Bau sehen die Betriebe, dass weniger Neuaufträge eingehen als benötigt werden. Im Vergleich zum schon schwachen Vorjahreswert ist die Geschäftslage im Bau im Saldo um 18 Punkte gesunken auf nur noch 30 Prozentpunkte. Im Ausbaugewerbe ist die Geschäftslage im Saldo um 10 Punkte auf nur noch 43 Prozentpunkte gesunken. Auch die Betriebe, die als Zulieferer für die Industrie arbeiten, sind von einer rückläufigen Entwicklung betroffen (siehe auch Umfrageergebnisse im IHK-Bereich). Die Nahrungsmittelbetriebe haben sich durch die sinkenden Energiepreise stabilisiert. Das Kfz-Handwerk, was vor allem mit der Instandhaltung der laufenden Fahrzeuge beschäftigt ist, gibt eine gute Geschäftslage an. Ebenfalls positiv äußern sich die Kunsthandwerke für den gehobenen Bedarf.
Der IHK-Geschäftsklimaindex sinkt deutlich auf 88 Punkte. Der Einbruch des Lageindikators ist vor allem den Rückgängen in den Bereichen Industrie (‑31 Punkte zur Vorumfrage), Einzelhandel (‑29) und Verkehr (‑25 Punkte) geschuldet. Diese Branchen sind besonders von den Preissteigerungen, Materialengpässen, Auftragsrückgängen sowie der Konsumflaute betroffen. Die Erwartungen sind in allen IHK-Branchen negativ. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: im Bau etwa bereiten steigende Zinsen und hohe Materialkosten Sorgen, die Verkehrsbranche sieht sich durch die anstehende Mauterhöhung enormen Kosten gegenüber, während der Gastronomie der wieder steigende Mehrwertsteuersatz Sorgen bereitet.
All das geht aus der gemeinsamen Herbstumfrage von Handwerkskammer Chemnitz (HWK) und Industrie- und Handelskammer Chemnitz (IHK) hervor. Diese wurde am Montag, den 16. Oktober, in Chemnitz vorgestellt. An der Umfrage beteiligten sich 1.052 Unternehmen.
Handwerkskammer-Präsident Frank Wagner zur aktuellen Situation und den Ergebnissen der Konjunkturumfrage: „Die Ergebnisse der Umfrage zeigen: Die konjunkturelle Berg- und Talfahrt, die wir seit 2020 erleben, nimmt kein Ende. Während einige Gewerke im Handwerk erfreulicherweise wieder eine leicht positive Geschäftslage vermelden und auch optimistischer in die Zukunft blicken, stehen andere Bereiche vor schwierigen Zeiten. Gerade der Baubereich, der in den letzten Jahren eigentlich jeder Krise getrotzt hat und der Konjunkturmotor des Handwerks war, leidet enorm unter der zurückgehenden Nachfrage und hohen Materialkosten. Hinzu kommt – über das gesamte Handwerk hinweg – der immer stärker zu spürende Mangel an Fach- und Arbeitskräften. Diese Lage kann das Handwerk unter den aktuellen Rahmenbedingungen aber nicht allein lösen. Wir brauchen statt Einsparungen oder programmatischen Diskussionen vielmehr zielführende und kurzfristige politische Entscheidungen bei Investitionen, Fachkräftemangel und dualer Berufsausbildung, Digitalisierung und Bürokratieabbau, die der Wirtschaft im Ganzen helfen und nicht einzelne Bereiche bevorzugen.“
Max Jankowsky, Präsident der IHK Chemnitz, fasst die Umfrage wie folgt zusammen: „Die Ergebnisse der Konjunkturbefragung sind ein Weckruf. Nach den überstandenen Krisen der letzten Jahre bedeuten sinkende Umsätze für viele Unternehmen, deren Kapitalrücklagen durch Pandemie und Kostenexplosionen aufgezehrt sind, eine ernste Existenzbedrohung. Zudem verliert der Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb immer weiter an Boden. Steuerlast, Lohn- und Energiekosten, überbordende Bürokratie und ein demografisch bedingter Fachkräftemangel führen bereits heute dazu, dass Investitionsentscheidungen gegen den Standort Deutschland fallen. Es bedarf einer Rückbesinnung auf die Stärken des Landes und der Region: Unternehmertum, Schöpfergeist und technologisches Knowhow.“