Konjunkturumfrage Frühjahr 2022 veröffentlicht: Trotz positivem Geschäftsklimaindex im Handwerk: Unsicherheiten sind deutlich zu erkennen
Getrübt wird die aktuelle Lage aber dennoch: durch die seit vielen Monaten anhaltenden Lieferengpässe und Preissteigerungen bei Materialien und vor allem durch die stark gestiegenen Energiepreise. Alle Bereiche des Handwerks sind davon betroffen, wodurch die Angaben zu den künftigen Erwartungen eher zurückhaltend ausfallen.
Diese Unsicherheiten, die eine existenzielle Gefahr für viele Betriebe des Handwerks darstellen, erfordern ein schnellstmögliches Handeln seitens der Politik in Land und Bund.
Dies bedeutet:
- Die Preise für Benzin und Diesel, Strom und Heizung belasten das Handwerk in ungeahnter Weise. Zwar wurde seitens der Bundesregierung ein Entlastungspaket beschlossen, das zum Beispiel bei den Treibstoffen von Juni bis August gelten soll. Eine solche Befristung ist aufgrund der nicht absehbaren weiteren Entwicklungen aber der falsche Weg und muss daher vorerst aufgehoben werden – zumal die Betriebe und auch Arbeitnehmer schon seit vielen Wochen unter den hohen Preisen leiden. Weitere Entlastungen und Absenkungen von Umlagen oder Steuern bei Benzin, Diesel und Strom sind vorzunehmen.
- Auf Bundesebene wurde bei öffentlichen Vergaben von Baumaßnahmen bereits die Möglichkeit zur Vereinbarung von Preisgleitklauseln geschaffen. Weder der Freistaat Sachsen, die Landkreise oder die sächsischen Kommunen räumen diese Option ein. Hier muss schnellstmöglich dem Beispiel des Bundes gefolgt werden. Ebenso braucht es endlich gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme zwischen Auftragnehmern und Auftraggebern für die Sorgen und Nöte des Gegenübers. Das Ziel muss in der gegenwärtigen Situation sein, immer eine gemeinsame Lösung zu finden.
- Die Betriebe des Handwerks wollen trotz vieler Unsicherheiten zukunftsfähig bleiben und investieren. Hier braucht es auskömmlich finanzierte Förderprogramme mit niedrigschwelligen Rahmenbedingungen, ohne dass einzelne Gewerke von vornherein ausgeschlossen sind.
Handwerkskammerpräsident Frank Wagner dazu: „Der Geschäftsklimaindex im Kammerbezirk steigt. Das ist ein gutes Zeichen. Und doch sieht eine positive Entwicklung des Handwerks anders aus. Die Unsicherheiten, die sich während der Corona-Pandemie immer auch in unseren Umfragen zeigten, bleiben bestehen – obwohl wir Corona hoffentlich hinter uns haben. Der Krieg in der Ukraine, die gestörten Lieferketten und vor allem die hohen Energiepreise belasten das Handwerk und machen einen Blick in die Zukunft für die Betriebe schwierig und lassen diese eher zurückhaltend agieren.“
Zu den Umfrageergebnissen:
Allgemein
Der Geschäftsklimaindex über alle Gewerke hat sich nach Aufhebung der meisten Corona-Maßnahmen auch unter den Eindrücken des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine nach oben bewegt. Er liegt aktuell bei 120,6 Punkten (Vorjahr: 116,1). Damit ist nach der Talfahrt, die in Folge der Einschränkungen durch das Corona-Virus in Deutschland zu verzeichnen war, wieder eine Aufhellung der wirtschaftlichen Lage fast über die ganze Breite der handwerklichen Gewerke zu verzeichnen. In allen Regionen des Kammerbezirks verzeichneten die Handwerksbetriebe eine im Vergleich zum Vorjahr verbesserte Geschäftslage. Regionale Unterschiede sind dennoch feststellbar. Die Spitzenreiterposition besetzt erneut der Landkreis Zwickau. Eher zurückhaltend bewerten die Betriebe in Mittelsachsen ihre Geschäftslage.
Betriebsauslastung
Eine Ursache der besseren Geschäftslage findet sich in der im Vorjahresvergleich gestiegenen Betriebsauslastung. 68,1 Prozent der Betriebe gaben eine Auslastung von 80 Prozent und mehr an. Dabei ist besonders positiv, dass 52,7 Prozent der Betriebe eine Auslastung von 90 Prozent und mehr angeben – ein Zuwachs von fünf Prozentpunkten. Die durchschnittliche Auslastung in Wochen hat sich deutlich auf aktuell 13,5 Wochen erhöht.
Umsatzentwicklung
22,2 Prozent der Betriebe verzeichneten gestiegene Umsätze. Bei weiteren 47,0 Prozent der Betriebe verhielten sich die Umsätze konstant. Mehr als zwei Drittel der Betriebe gaben also positive Umsatzzahlen an. Damit wird die Erholung nach den Corona-Einschränkungen deutlich. Für das zweite Quartal 2022 gehen die Betriebe von einer weiterhin leicht positiven Entwicklung aus. So erwarten 36,7 Prozent steigende, 48,8 Prozent gleichbleibende und nur 14,5 Prozent der Betriebe sinkende Umsätze.
Geschäftslage
Die Geschäftslage hat sich über fast alle Gewerkegruppen positiv entwickelt. Nur im Lebensmittelhandwerk hat sich die Lage verschlechtert. Im Bauhaupt- und im Ausbaugewerbe hat sich die Lage im Vorjahresvergleich deutlich positiv entwickelt. Aber auch die Handwerke für den gewerblichen Bedarf sowie besonders die Gesundheitsgewerke und die personenbezogenen Dienstleister haben zum Vorjahr deutlich zugelegt. Ebenfalls erfreuliche Zahlen melden die Kunsthandwerksbetriebe. Die Kfz-Betriebe melden gleichfalls wieder bessere Lagebeurteilungen.
Einkaufs- und Verkaufspreise
Bedingt durch den Russland-Ukraine-Konflikt haben sich Energierohstoffe wie Gas und Öl deutlich verteuert. Dies schlägt auf alle Bereiche durch. Hinzu kommen Verknappungen in der Versorgung mit bestimmten Materialien, die aus der Kriegsregion stammen, durch die Sanktionen nicht mehr verfügbar sind oder bei denen eine wirtschaftliche Nutzung nicht mehr gegeben ist, was ebenfalls die Preise treibt. So geben gut neun von zehn Betrieben steigende und nur einer von hundert sinkende Einkaufspreise an. Die Betriebe konnten die gestiegenen Einkaufspreise erneut nur unvollständig auf die Verkaufspreise umlegen. Sieben von zehn Betrieben melden gestiegene Verkaufspreise. 28,2 Prozent der Betriebe konnten nur gleich bleibend hohe Verkaufspreise am Markt durchsetzen.
Beschäftigte
Acht von zehn Betrieben geben eine gleichbleibende und damit stabile Belegschaftszahl an. Der Fachkräftemangel, verstärkt durch die älter werdenden Belegschaften, muss in den nächsten Jahren durch Ausbildung und Neueinstellungen kompensiert werden. Um vorhandene Fachkräfte zu halten beschäftigen die Betriebe ihre Mitarbeiter auch über die Wintermonate hinweg, was durch den hohen Auftragsbestand begünstigt wird. Nebenstehende Grafik stellt den Saldo der gestiegenen zur gesunkenen Gesamtbeschäftigtenzahl dar.
Investitionsverhalten
Bedingt durch die diffuse Erwartungshaltung der Betriebe und den zusätzlichen, verunsichernden Rahmenbedingungen haben die Betriebe ihre Investitionen im Vorjahresvergleich nur auf etwa gleich bleibendem Niveau durchgeführt. 55,0 Prozent der Betriebe geben an, Investitionen im gleichen Umfang wie in den Vorjahren getätigt zu haben. 11,6 Prozent haben mehr als zuvor investiert. Den 10,2 Prozent, die in den nächsten drei Monaten mehr investieren wollen stehen dennoch die 28,6 Prozent der Betriebe gegenüber, die geringere Investitionen im nächsten Quartal planen. Dennoch planen noch 61,2 Prozent der Betriebe in gleich bleibender Höhe zu investieren. Es wird vermehrt in digitale Prozesse investiert, um die unproduktiven Geschäftsprozesse effektiver zu gestalten und die Humanressourcen effizienter in den Leistungserstellungsprozess einzubinden.