Präsidentinnen und Präsidenten der Ostdeutschen Handwerkskammern unterzeichnen Resolution beim gemeinsamen Treffen in Erfurt
Wortlaut der Resolution:
Zukunftsfähigkeit der Gesellschaft und des Handwerks sichern
Die Zukunftsfähigkeit des Handwerks sichern ist nicht nur eine ökonomische Aufgabe, sondern eine gesellschaftliche, die nachhaltiges Leben erst möglich macht.
Nachhaltigkeit wird im Handwerk gelebt und ist fester Bestandteil der Identität des Handwerks und gehört seit jeher zu dessen Wertegefüge. Für Handwerker und Handwerkerinnen ist die Verbindung von sozialem Engagement, ökologischer Verantwortung und ökonomischem Erfolg eng verzahnt.
Handwerksbetriebe sind schon immer auf eine nachhaltige Wirtschaftsweise ausgerichtet und tragen damit aktiv zu einer nachhaltigen Entwicklung bei, die identische Lebenschancen und -qualität für die Generationen der Gegenwart und der Zukunft gestaltet und bewahrt. Die daraus notwendige Transformation hin zu einem krisenfesten und zukunftssicheren Wirtschaften erfordert enorme Kraftanstrengungen, die zwar schnell, aber nicht planlos geschehen darf. Das Handwerk ist dabei von zentraler Bedeutung für eine nachhaltige Entwicklung. Ohne Handwerk existiert keine durchdachte Energiewende, kein wirksamer Klimaschutz, keine kraftvollen Wirtschaftsregionen und keine Ausbildungsleistung, die weltweit ihresgleichen sucht.
Auch das Handwerk spürt die Auswirkungen pandemischer und geopolitischer Ereignisse der letzten Jahre und Monate sowie zunehmende Naturkatastrophen, die den Handlungsdruck zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele noch verstärken. Insbesondere anhaltende Lieferkettenstörungen, Inflation sowie nie dagewesene Energie- und Materialkostensteigerungen und damit einhergehende Kaufzurückhaltung machen sich für die Betriebe unmittelbar bemerkbar. Aber eben diese können nicht die alleinige Verantwortung für nachhaltiges Wirtschaften tragen. Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müssen gemeinsam Handlungsträger für Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette sein.
Die Wertschöpfung im Handwerk findet häufig regional statt – das bedeutet kurze Wege für Kunden und Mitarbeiter sowie bei Material- und Warentransporten. Handwerklich geschaffene Produkte sind hochwertig und reparabel mit langer Lebensdauer, dies bedeutet gleichfalls weniger Emissionen und somit Ressourcenschonung.
Handwerksbetriebe sind bereits jetzt Wegbereiter im Klimaschutz. In den Bau- und Ausbaugewerken werden beim Neubau und der energetischen Gebäudesanierung konsequent Effizienzmaßnahmen umgesetzt und viele Gewerke sind aktiv beim Netzausbau sowie im Bereich E-Mobilität tätig. Zudem ist es vielen Betrieben wichtig, die Energieeffizienz des eigenen Betriebes zu optimieren.
Vor diesem Hintergrund formulieren die Präsidentinnen und Präsidenten der ostdeutschen Handwerkskammern in Zeiten erheblicher Veränderungen und Unsicherheiten folgende Forderungen:
- Die Regierungen in Bund und in den Ländern müssen mit ihren politischen Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und damit des Handwerks zu stärken. Ohne eine funktionsfähige Wirtschaft können die Sozialleistungen auf Dauer und der anstehende, energetische Transformationsprozess nicht finanziert werden.
- Die Energiepolitik ist entsprechend neu auszurichten. Die Energieeinsparungen sind zu fördern, vor allem ist in diesen akuten Krisenzeiten das Energieangebot auf alle verfügbaren Energieträger auszuweiten, um eine dauerhafte Preisabsenkung zu erreichen. Unsere Handwerksbetriebe brauchen zuverlässige Energielieferungen und dies zu wettbewerbsfähigen Preisen. Der von allen Seiten mitgetragene Energietransformationsprozess ist an die Realität anzupassen, sowohl zeitlich als auch hinsichtlich der einzelnen konkreten Umsetzungsschritte.
- Die Abgabenlast – sowohl für Steuern als auch für Sozialleistungen – für die Handwerksbetriebe und deren Mitarbeiter sind deutlich zu senken. Nur mit mehr „Netto vom Brutto“ wird dem Leistungserbringungsgedanken wieder Rechnung getragen und die Menschen in die Lage versetzt, in Eigenverantwortung zu handeln und Krisenzeiten besser zu überstehen.
- Das ostdeutsche Handwerk fordert eine deutliche Reduzierung aller staatlichen Eingriffe und Regulierungen in das unternehmerische Handeln. Diese müssen für die kleinen und mittelständischen Betriebe handhabbar sein. Insgesamt bedarf es weniger Staat und mehr Spielräumen für die Privatwirtschaft.
- Die Politik hat die Pflicht, im Zuge der anstehenden Verrentung der „Babyboomer“ die öffentliche Verwaltung personell deutlich zu entschlacken, damit die Effektivität der öffentlichen Hand und die finanzielle Belastung für die Handwerksbetriebe entsprechend langfristig reduziert werden kann.
- Um die Wettbewerbsfähigkeit im ostdeutschen Handwerk weiterhin aufrecht zu erhalten, benötigen wir bis 2035 über eine Viertelmillionen Fachkräfte und Unternehmensnachfolger. Die Handwerksbetriebe fordern daher durchgreifende politische Maßnahmen, um den Anteil der Auszubildenden sowie der Fach- und Führungskräfte im Handwerk deutlich zu steigern. Die Politik hat nun endlich darauf hinzuwirken, dass die berufliche und akademische Bildung den gleichen Stellenwert in der Gesellschaft hat. Dazu gehören eine Entlastung der Ausbildungskosten und eine gleichberechtigte Behandlung der handwerklichen Bildungsstätten gegenüber den akademischen Bildungsstätten. Insgesamt müssen die akademischen und die beruflichen Bildungswege bedarfsgerecht finanziert werden, entsprechend der gesellschaftlichen Anforderungen.
Nur dank dieser Maßnahmen kann die Wettbewerbsfähigkeit unseres Handwerks gesichert und ein gerechtes und zukunftsfähiges Leben in einer modernen Gesellschaft ermöglicht werden!