Bild vom Verwaltungsgebäude der Handwerkskammer Chemnitz
Schmidtfoto-Chemnitz

Rede von Kammerpräsident Frank Wagner anlässlich der diesjährigen Meisterfeier

Am 15. März fand die diesjährige Meisterfeier der Handwerkskammer Chemnitz statt. Folgende Rede hielt Kammerpräsident Frank Wagner anlässlich der Begrüßung:

Es gilt das gesprochen Wort!

"Liebe Meisterinnen und Meister,

sehr geehrte Handwerkerinnen und Handwerker,

sehr geehrter Herr Ministerpräsident,

werte Gäste,

es sind besondere Zeiten, in denen wir aktuell leben – sowohl für Sie persönlich als auch als Ganzes für unsere Gesellschaft und für das Handwerk. Persönlich, weil Sie, liebe Meisterinnen und Meister heute jene Urkunde überreicht bekommen, mit der Sie nicht nur die bedeutendste berufliche Zielmarke auf der Karriereleiter des Handwerks erreicht haben. Persönlich, weil Sie mit dem Titel ‚Meister des Handwerks‘ einen hohen gesellschaftlichen Stand erreichen. Wir alle kennen den Meister aus dem Sprachgebrauch:

  • „der Meister seines Fachs“
  • „meisterhaft“
  • „Meisterklasse“ oder
  • „Meisterwerk“.

Stets schwingt ein positiver Grundton bei diesen alltäglich gebrauchten Worten mit. Und genau das beschreibt, welchen Titel das Handwerk mit dem Meister seit Jahrhunderten vergibt: Er steht für höchste Qualität der Arbeit, stets auf dem modernsten Stand der jeweiligen Technik und des dazugehörigen Fachwissens und nur erreichbar nach jahrelanger Ausbildung im Handwerk. Dafür, dass Sie diesen Titel heute offiziell erhalten, dürfen Sie, lieber Meisterinnen und Meister, sich gern auch selbst auf die Schulter klopfen – wenn Ihre Angehörigen, Freunde und Kollegen das nicht ohnehin als Anerkennung Ihrer Leistung immer wieder machen.

Dass der Meistertitel im Handwerk immer noch ein erstrebenswertes Ziel ist, belegen auch unsere Zahlen. Wir ehren im Jahr 2024 insgesamt 181 Meister und 31 Meisterinnen – insgesamt also 212 – aus 23 verschiedenen Gewerken. Der Älteste hat vor 5 Tagen seinen 53. Geburtstag gefeiert – ein Zeichen, dass eine Meisterausbildung in jeder Lebensphase möglich ist. Das zeigt sich auch bei dem jüngsten Meister dieses Jahrgangs oder besser Meisterin, die gerade einmal 21 Jahre alt ist. Begrüßen können wir heute Meisterinnen und Meister aus Sachsen, aus Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Leider hier und heute nicht anwesend, aber dennoch als Meisterabsolvent des Jahres 2024 auszuzeichnen, ist ein junger Mann aus Südkorea. Hinter jedem steckt eine interessante Lebensgeschichte, egal ob Kraftfahrzeugtechniker, Tischler, Bäcker oder Geigenbauer. Apropos interessante Lebensgeschichte: Begrüßen können wir heute auch Vater und Tochter – beide als neue Meister beziehungsweise neue Meisterin im Bereich der Feinwerkmechanik. Und auch zwei Brüder sind zu Gast und erhalten am gleichen Tag ihre Meisterurkunde. Das sind Geschichten, für die das Handwerk ebenso steht. Herzlich Willkommen Ihnen allen!

Nun ist der Weg hin zum Meister nicht einfach und auch danach gibt es immer Herausforderungen. „Meister-Sein in aufregenden Zeiten“ könnte man als Überschrift für die heutige Veranstaltung wählen – nicht nur mit Blick auf die internationalen Ereignisse, sondern vielmehr mit dem Blick nach Berlin und Dresden. Wo wir in Sachsen seit Ende Dezember eine neue Regierung haben, läuft der Regierungsbildungsprozess in der Bundeshauptstadt gerade erst an. Für beide gilt: Die Kassen sind leer! Und wir alle wissen, dass bei leeren Kassen entweder die Einnahmen erhöht oder die Ausgaben zusammengestrichen werden müssen. Beides ist mit Blick auf das Handwerk an vielen Stellen nicht umsetzbar und würde beispielsweise auch die neuen Meisterinnen und Meister vor ungeahnten Probleme stellen:

  • Sie wollen einen Betrieb eröffnen oder einen bestehenden übernehmen und dort investieren. Geht aber nicht, weil es keine oder nicht mehr genug Fördermittel gibt.
  • Sie wollen ausbilden und vielleicht neue Meister heranziehen. Das geht aber nicht, weil Mittel für die Lehrunterweisung fehlen oder für die Bildungszentren der Handwerkskammern nicht mehr genug Fördermittel bereitstellen.
  • Sie wollen Produkte verkaufen. Die Kunden halten sich aber beim Konsum zurück, weil sie weniger Geld in der Tasche haben.

Das sind nur beispielhafte Probleme, die auf Sie als Meister zukommen können. Hoffen wir, dass bei der Haushaltsaufstellung das Augenmerk auch auf diese Punkte gelegt wird, die ja am Ende nicht nur das Handwerk betreffen, sondern letztlich unsere gesamte Gesellschaft. Egal ob im Bund oder Land: Investitionen in die Ausbildung – und damit meine ich natürlich nicht nur das Handwerk – sind immer Investitionen in die Zukunft und sollten daher die Stellen sein, an denen der berühmt-berüchtigte Rotstift nur einen ganzen dünnen oder am besten gar keinen Strich im Kassenbuch macht.

Denn die Grundlagen, um irgendwann Meister zu werden, werden in der Ausbildung gelegt, die im Handwerk eben nicht nur im Betrieb und in der Berufsschule stattfindet, sondern auch in den Bildungszentren der Kammern im Rahmen der überbetrieblichen Lehrunterweisung. Wenn Bund und Land sich hier mit jeweils einem Drittel an der Finanzierung beteiligen, bedeutet das auch, dass natürlich Sparpotential gesehen wird. Aber das wäre eben genau das Sparen an der falschen Stelle.

Gleiches gilt für den Meisterbonus. Es ist gut, dass dieser bereits 2023 verdoppelt wurde und die Wahlprogramme zur Landtagswahl hier auch weitere Steigerungen zumindest versprechen. Das wäre ein wichtiges Signal an den Handwerkernachwuchs und auch ein Zeichen der Wertschätzung.

Auf dem weiteren beruflichen Weg als Meister warten ohnehin genug Herausforderungen: Technische Weiterentwicklungen, Nachfrageverhalten der Kunden, Attraktivität der handwerklichen Produkte, Fachkräftemangel, Steuerliche Belastungen und weitere Kostentreiber, neue gesetzliche Vorgaben oder auch die Bürokratie.

Erlauben Sie mir, zum letzten Punkt etwas tiefer einzugehen. ‚Bürokratie‘ ist ein Wort, das seit Jahren wenn nicht gar Jahrzehnten im allgemeinen Sprachgebrauch und insbesondere auch im Handwerk fest verankert ist. Dass diese ‚Herrschaft der Verwaltung‘ – so die Übersetzung des Wortes ins Deutsche – dabei in der Regel nicht positiv besetzt oder genutzt wird, sollte bekannt sein. Das liegt daran, dass Bürokratie einfach nicht weniger wird, sondern eher mehr. Für diejenigen, die Bürokratie aufbauen, ist das ein recht übersichtlicher Prozess. Denn Kosten entstehen dabei wenig. Anders sieht es bei demjenigen aus, der die Bürokratie und die damit verbundenen Auflagen umsetzen muss – zum Beispiel wir Handwerker. Bürokratie ist eine Einstellung, eine Lebensart in den Behörden. Sowas zu verändern, ist ein langer Prozess – wenn es denn überhaupt gewollt ist. Wir brauchen uns nur mal die Wahlprogramme jener Parteien anschauen, die entweder schon eine Koalition bilden – wie in Dresden – oder sich anschicken, diese bis Ostern über die Bühne zu bringen – wie in Berlin:

Bei der CDU heißt es unter dem Suchbegriff ‚Bürokratie‘ im sächsischen Wahlprogramm:

  • „Für uns ist klar: Sachsens Unternehmer und Handwerker brauchen weniger Bürokratie, schnelle, digitale Verwaltungsverfahren, stabile Förderbedingungen und verlässliche Rahmenbedingungen…“

und beim Programm zur Bundestagswahl:

  • „Wir werden Unternehmen von Bürokratiekosten in Milliardenhöhe entlasten. Der Abbau überflüssiger Bürokratie wirkt wie ein Konjunkturprogramm und stärkt den Standort Deutschland.“

Bei der SPD heißt es im sächsischen Wahlprogramm:

  • „Deshalb ist es uns wichtig, althergebrachte Prozesse und Hierarchien zu hinterfragen und so unnötige Bürokratie zu reduzieren.“

und beim Programm zur Bundestagswahl:

  • finden wir gar nichts.

Und wissen Sie was: Das sind nicht die aktuellen Wahlprogramme, aus denen ich hier zitiert habe, sondern jene von 2019 beim Land beziehungsweise 2021 beim Bund. Man könnte vermutlich hierzu auch jedes andere Programm der vergangenen 15 Jahren durchgehen und würde solche Sätze finden. Sie ahnen schon, worauf ich damit hinaus will: Zwar wurde immer wieder Bürokratieabbau angekündigt, passiert ist bisher aber wenig bis gar nichts. Ich könnte jetzt noch auf die vier Bürokratieentlastungsgesetze des Bundes eingehen, die kaum Wirkung zeigen. Ich könnte auf die bisherigen Pläne eines neuen sächsischen Vergabegesetzes eingehen, dass angeblich den Vergabeprozess vereinfachen soll, aber so kleinteilige Regelung beinhaltet, dass mehr Bürokratie entstünde.

Liebe Politik, liebe Verwaltungen, ich weiß dass bürokratische Regelungen oftmals auch eine Absicherung sind für Steuermittel, die damit ausgegeben werden oder um Haftungsfragen vorab auf ein rechtlich sicheres Fundament zu stellen. Das ist auch wichtig und wir nicht angezweifelt. Wenn die Bürokratie aber über das Ziel hinausgeht und das Land und die Betriebe lähmt, gewinnt man am Ende erst recht gar nichts: Kein Wachstum, keinen Wohlstand, keine Investitionen und mit Blick auf unsere heutigen Meister auch keinen Willen zur Betriebsübernahme oder -gründung. Dieser Wille zum wirklichen Bürokratieabbau muss jetzt endlich auch beim Gesetzgeber Einzug halten. Dann wäre schon viel gewonnen – gerade auch auf Landesebene, die naturgemäß näher an den Problemen der Menschen und auch der Betriebe dran ist.

Natürlich stehen wir in Sachsen mit der Minderheitsregierung, die wir so bisher nicht wirklich kennen, vor einer neuen Situation. Sie kann aber auch mit Vorteilen verbunden sein, denn es braucht neue Wege und Kompromisse, um Mehrheiten zu finden. Beim Bürokratieabbau wäre eine solche breite Mehrheit mehr als nur wünschenswert.

Doch nun möchte ich enden und die Politik, die heute hier vor Ort ist, wieder aus dem Rampenlicht, das ich ihr mit meiner Rede gegeben habe, nehmen.

Auch wenn wir heute mit

  • Ihnen, sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
  • mit Ihnen, sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
  • mit Ihnen, sehr geehrter Herr Staatssekretär,
  • mit den Abgeordneten des Deutschen Bundestages und des Landtages,
  • mit Oberbürgermeistern, Bürgermeistern, Stadt- und Gemeinderäten,

viele Politiker zu Gast haben, der Abend gehört jemand anderen: Nämlich Ihnen, liebe Meisterinnen und Meister.

Eines möchte ich Ihnen noch anbieten: Die Handwerkskammer mit ihren hauptamtlichen Mitarbeitern genauso wie die Vollversammlung, der Vorstand und das Präsidium sind immer für Sie da – egal welche Probleme Sie haben, welche Ideen Sie einbringen wollen oder welchen Kontakt Sie brauchen. Das berühmte offene Ohr steht Ihnen zur Verfügung. Als kleine, aber nicht minder unwichtige Gegenleistung eine Bitte: Sie als Meister sind ein Werbeträger des Handwerks. Repräsentieren Sie uns stets würdig und der Tradition des Handwerks angemessen!

Zum Abschluss geht mein Dank nochmals an alle hier heute Anwesenden, vor allem an

  • die Vertreter aus Politik und Gesellschaft,
  • die Handwerkerschaft,
  • die Innungen und Fachverbände,
  • die Meisterprüfer und Dozenten,
  • die Sponsoren sowie
  • die Stadthalle, die Künstler und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Handwerkskammer.

Mit der größte Dank geht aber an die Familien der neuen Meister, an deren Partner und Freunde, natürlich auch an Kollegen. Dass eine Meisterausbildung eine stressige Zeit ist, haben Sie wohl alle spüren müssen. Aber Sie haben unterstützt, wo es ging. Haben Verständnis gezeigt und motiviert. Den Erfolg sehen Sie hier und heute an den strahlenden Gesichtern. Herzlichen Dank! Und nun meine wirklich letzte Bitte: Lassen Sie uns den heutigen Nachmittag und Abend gemeinsam genießen und feiern. Verdient haben Sie es sich!

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