Schreiben zu steigenden Energiepreisen
Wortlaut des Schreibens:
"Sehr geehrte Damen und Herren,
die Betriebe des Handwerks meistern seit mehr als zwei Jahren die Herausforderungen der Corona-Pandemie und versuchen die wirtschaftlichen Schäden, die in dieser Krise entstanden sind, so gut es geht abzumildern. Bund und Land unterstützen die Betroffenen dabei durch verschiedene Hilfsprogramme.
Allein diese Situation wäre Herausforderung genug. Doch leider kommen weitere Unwägbarkeiten hinzu, die die Unternehmen und den Betriebsablauf in ungeahnter Weise belasten: Die Energiepreise sind in den vergangenen Monaten exorbitant gestiegen. Für das Handwerk ist dies eine zusätzliche Belastung in ohnehin schwieriger Zeit. Uns berichten beispielsweise energieintensive Unternehmen aus der Galvanikbranche, dass diese trotz sechsstelliger Investitionen in Energieeffizienz- und Umweltschutzmaßnahmen immer stärker durch steigende Preise belastet werden und Zukunftsängste haben. Aber auch der kleine Handwerksbetrieb von nebenan – egal ob Friseur, Bäcker oder Uhrmacher – leidet unter diesem erheblichen Kostenfaktor, der zusammen mit pandemiebedingten Umsatzeinbußen zu echten Existenzsorgen der Betriebsinhaber und der Mitarbeiter führt.
Es steht außer Frage, dass durch die ambitionierten Klimaschutzziele in Deutschland durch eine entsprechende Preisgestaltung auch eine Lenkungswirkung erzielt werden kann. Dabei aber entstehende wirtschaftliche Schäden und auch soziale Benachteiligungen sind kontraproduktiv und gefährden am Ende den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wohlstand und damit wiederum auch die Verfügbarkeiten von Mitteln für die wichtige Umsetzung der Klimaschutz-Vorhaben im Land.
Die Problematik der steigenden Energiepreise ist seit längerer Zeit akut und in der öffentlichen Diskussion. Es entsteht hierbei aber der Eindruck, dass zwar über mögliche Schritte hin zu einer Entspannung der Preislage gesprochen wird. Konkrete Vorgaben sind aber bisher weder zeitlich noch in großen Teilen inhaltlich bekannt.
Zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang die Ankündigung der vollständigen Abschaffung der EEG-Umlage durch den Bund. Festhalten möchten wir hier aber gleichzeitig, dass die EEG-Umlage nur zu einem kleinen Teil Einfluss auf die hohen Energiepreise hat. Zu erkennen ist dies beispielweise in der Senkung der Umlage von 6,50 ct/kWh in 2021 auf aktuell 3,72 ct/kWh, immerhin ein Minus von 42,7 Prozent. Dennoch ist der durchschnittliche Strompreis im gleichen Zeitraum bei privaten Haushalten von 32,16 ct/kWh auf 36,10 ct/kWh (+12,3 Prozent) und im Bereich der Industrie von 21,38 ct/kWh auf 26,64 ct/kWh (+24,6 Prozent) gestiegen.
Es bedarf daher in unseren Augen mehr als nur einer einzigen Maßnahme, um die angespannte Situation bei den Energiepreisen zu entschärfen. Natürlich sind staatliche Markteingriffe selbst bei solchen Preisentwicklungen nur das letzte Mittel der Wahl, zumal der Gesetzgeber ohnehin kaum Einfluss auf die Beschaffungs- und Betriebskosten hat, die beispielsweise bei Haushalten von 7,9 ct/kWh in 2021 auf 13,65 ct/kWh in 2022 und bei der Industrie von 12,30 ct/kWh auf 20,20 ct/kWh gestiegen sind.
Worauf der Gesetzgeber aber sowohl Einfluss hat, sind weitere Strompreisbestandteile bei Steuern und Abgaben sowie Umlagen. Hier sind Stellschrauben möglich (siehe EEG-Umlage) und es ist daher unumgänglich, dass weitere Entlastungen in diesem Bereich detailliert geprüft und letztlich auch zeitnah umgesetzt werden. Nicht zielführend wären hierbei aber nur kurzfristig geltende Maßnahmen. Einmalzahlungen an Verbraucher oder zeitlich begrenzte Absenkungen von auf Energie erhobene Steuern helfen zwar aktuell, bremsen aber langfristig nicht das steile Wachstum der Energiepreise ab.
Wir möchten Sie daher bitten, im Rahmen Ihres Mandats darauf hinzuwirken, dass das Wachstum bei den Energiepreisen abgemildert wird. Vorschläge für entsprechende Maßnahmen gibt es viele. Auch andere Staaten in Europa haben bereits reagiert und handeln im Sinne der heimischen Wirtschaft und vor allem für die Gesellschaft. Bedenken sollte man bei dieser Entwicklung zusätzlich, dass nicht nur die Preise für Energie stetig steigen. Auch Treibstoffe und Wärme haben sich erheblich verteuert und belasten die Wirtschaft und die Haushalte zusätzlich.
Gern stehen wir Ihnen auch für einen weiteren Austausch zu dieser Thematik zur Verfügung oder nennen Ihnen konkrete Beispiele von besonders betroffenen Betrieben des Handwerks im Kammerbezirk Chemnitz.
Mit freundlichen Grüßen
Frank Wagner"