Stellungnahme zur geplanten Änderung des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes
Aus Sicht der Kammern ist die in Art. 1 des Gesetzentwurfes beabsichtigte gesetzliche Normierung der Duldungspflicht einer geringfügigen Überbauung durch die Anbringung einer Wärmedämmung an Gebäuden zu begrüßen und bringt Rechtssicherheit für den Normadressaten.
Aus Umwelt- und wirtschaftlichen Gründen sind Verbesserungen im Rahmen der Wärmedämmung an stehenden Gebäuden zwingend erforderlich. Bezogen auf die Rücksichtnahme ist es nachvollziehbar, dass der jeweilige Nachbar nur unter besonderen Voraussetzungen diesen neuen Überbau dulden muss. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit kann das grundrechtlich geschützte Interesse des Eigentümers selbstverständlich nur unter engen Voraussetzungen eingeschränkt werden.
Selbstverständlich ist, dass der Überbau öffentlich rechtlich zulässig sein muss und eine dementsprechende Entschädigung für den betroffenen Nachbarn geregelt ist.
Gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 2, Satz 4 SächsNRG soll die Duldungspflicht des belasteten Nachbarn nur bestehen, wenn im Zeitpunkt der Anbringung eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere, die Belange des Eigentümers schonendere Weise mit vertretbarem Aufwand nicht angebracht werden kann.
Ungeachtet der Tatsache, dass es sich um zu unbestimmte Formulierungen handeln dürfte, werden die Rechte der Eigentümer durch diese Regelung nicht angemessen berücksichtigt.
Angesichts der Tragweite des Grundrechtseingriffs, der mit dem Überbau verbunden ist, sind die Interessen der belasteten Eigentümer besonders zu berücksichtigen, da diese aufgrund der Duldungspflicht selbst daran gehindert wären, die Grenze zu bebauen.
Anlehnend an die Regelung im Land Nordrhein-Westfalen könnte beispielsweise formuliert werden, dass „Im Falle der Wärmedämmung die duldungspflichtigen Nachbarn berechtigt sind, die Beseitigung der Wärmedämmung zu verlangen.“
Alternativ könnte im § 25 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SächsNRG auch der Zusatz eingefügt werden: „(…) soweit und solange diese zulässige Nutzung des Grundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt und eine zulässige beabsichtigte Nutzung des Grundstücks nicht oder nur geringfügig.“ Eine ähnliche Formulierung findet sich im Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg.
Die sächsischen Handwerkskammern geben nochmalig zu bedenken, dass auch der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 12. November 2021 (V ZR 115/20) betont hat, dass über die Duldungspflicht in das Eigentumsgrundrecht der Nachbarn eingegriffen wird. Die Berücksichtigung der Interessen der Eigentümer sollte daher durch eine ergänzende Formulierung in § 25 Abs. 1 SächsNRG erfolgen.