Umsetzung der Beschlüsse des Wohnungsbaugipfels der Bundesregierung
Am 25. September 2023 hatte Bundeskanzler Olaf Scholz zum sogenannten Wohnungsbaugipfel geladen. Viele der dort getroffenen Entscheidungen gehen in die richtige Richtung. Sie führen dazu, dass zumindest der Wohnungsbau wieder angekurbelt werden kann, um beispielsweise das von der Ampelkoalition selbst gesteckte Ziele von 400.000 Wohnungsneubauten pro Jahr nur ansatzweise zu erreichen. Auch die Entlastungen der privaten Bauherren helfen sicherlich weiter. Ob mit den Vorschlägen die Baugewerke wirklich aus ihrer konjunkturellen Talsohle herauskommen, ist hierbei eine andere Frage. Vermutlich war das nicht das originäre Ziel des Wohnungsbaugipfels. Nichtsdestotrotz würden die Beschlüssen natürlich den Baubetrieben in der aktuell schwierigen Lage helfen. Daher braucht es in diesem Jahr noch eine zügige Umsetzung der verschiedenen Maßnahmen beziehungsweise müssen jetzt die gesetzlichen, finanziellen und organisatorischen Grundlagen mit klaren Terminen und Zuständigkeiten geschaffen werden, um die Gipfelbeschlüsse auch wirklich zeitnah in Kraft treten zu lassen.
Knapp ein Monat nach Ende des Gipfels ist hiervon aber leider bisher nichts zu sehen. Weder auf Landes- noch auf Bundesebene sind die erforderlichen Grundlagen bisher gelegt. Daher bitte Präsident Wagner darum, die Realisierung der Beschlüsse des Wohnungsbaugipfels gegenüber Bundes- und Staatsregierung entsprechend anzumahnen und bei der zügigen Umsetzung mitzuwirken. Konkret geht es dabei um folgende Punkte:
- Große Bedeutung aus Sicht des Handwerks kommt der attraktiveren Ausgestaltung der KfW-Neubauprogramme zu. Die Anpassung der Einkommensgrenzen kann und muss nun innerhalb von kurzer Zeit zwischen BMWSB und KfW vereinbart werden, um noch vor Jahresende 2023 starten zu können. Seitens der Bundesregierung muss klargestellt werden, dass der EH 55-Standard zumindest temporär auch für die beiden KfW-Neubauförderungsprogramme gilt: Dies ist erforderlich, um insbesondere das kleinteilige Bauen und den Eigentumserwerb zu unterstützen.
- Das neue Wohneigentumsprogramm „Jung kauft Alt“ für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäude muss ebenfalls bis Ende 2023 an den Start gebracht werden. Für den Erfolg entscheidend ist eine realistische Höhe der Fördersumme, um zum Beispiel für junge Familien eine attraktive Option sein zu können. Über den bis 2025 angedachten Zeitraum sollte das Programm verstetigt und gezielt für den nachhaltigen und zukunftssicheren Umbau von Stadt-Umland-Gebieten sowie ländlichen Regionen eingesetzt werden.
- Die degressive AfA für Wohnungsbau muss im Rahmen der Verabschiedung des Wachstumschancengesetzes im Bundestag in den nächsten Monaten umgesetzt werden. Die noch bestehenden Differenzen mit den Ländern und Kommunen sind zügig auszuräumen, um einen (rückwirkenden) Starttermin zum 1. Oktober 2023 sicherzustellen.
- Der angekündigten Öffnungsklausel für die Grunderwerbssteuer, durch die die Länder die Grunderwerbssteuer bei Ersterwerb und Selbstnutzung aussetzen oder reduzieren können, muss schnell ein konkreter Gesetzentwurf des BMJ mit möglichst großer Flexibilität für angepasste Länderlösungen mit unterschiedlichen Freigrenzen folgen.
- Mit dem „Gebäudetyp E“ können Bauherren und Bauausführende rechtssicher und einvernehmlich auf Baunormen, die über die gesetzlichen Schutzvorschriften hinausschießen, verzichten. Zur Umsetzung muss das BMJ zeitnah mit einer Anpassung im BGB voranschreiten, um die Haftungsfreiheit der Planer, Bauherren und ausführenden Firmen beim normreduzierten Bauen unter Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Schutznormen und entsprechender vertraglicher Vereinbarung sicherzustellen.
- Entwürfe zu Novellen des BauGB, der BauNVO und der Technischen Anleitung Lärm (TA Lärm) müssen durch das BMWSB in Zusammenarbeit mit dem BMU noch im Herbst 2023 vorgelegt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Neuregelungen zu einer realen Beschleunigung und zur Mobilisierung von geeignetem Bauland führen. Eine geordnete städtebauliche Entwicklung muss sichergestellt bleiben und eine Verdrängung von Handwerk aus den Städten und Gewerbegebieten vermieden werden. Der aktuell für Flüchtlingsunterkünfte gedachte § 246 Absatz 14 Baugesetzbuch sollte deshalb nicht pauschal ausgeweitet werden. Zudem muss eine mögliche Experimentierklausel in der TA Lärm so angelegt werden, dass verträgliche Nutzungsmischungen entstehen und nicht Lärmschutzauflagen und Konfliktbewältigungen einseitig auf ansässigen Gewerbebetrieben lasten.
- Die Beschleunigung der Planungs- und Genehmigungsverfahren muss nun konkret in die Umsetzung kommen. Insbesondere sind die Abarbeitung der Vorgaben des Koalitionsvertrages und des Bündnisses bezahlbarer Wohnraum intensiv fortzuführen. Entscheidend für den Erfolg vor Ort ist aber vor allem die Stärkung von Handlungsfähigkeit, Effizienz und Personalausstattung der Kommunen und Genehmigungsbehörden.
Die aufgezählten Maßnahmen sind der richtige Weg, um die Baugewerke in der gegenwärtigen Lage zu unterstützen. Die Situation ist bei vielen Betrieben aber bereits akut. Das spiegelt auch die aktuelle Herbstkonjunkturumfrage im Kammerbezirk wider. Es darf daher keine unnötige Zeit verschwendet werden. Denn die Betriebe brauchen jetzt die Unterstützung, die mit den Beschlüssen des Wohnungsbaugipfels durchaus erreicht werden könnte.