Robert Schimke

Carolin Kaubisch

Mit Traditionsbewusstsein und Weitsicht

Carolin Kaubisch hat das Optikergeschäft ihres Vaters übernommen – ganz ohne Reibereien        

Betriebsübergaben sind nicht selten einen Minenfeld. Der Altinhaber hängt an seinem Lebenswerk oder hält den Wert seines Betriebs für höher als der Experte, der kühl rechnend die Ausstattung im Betrieb taxiert. Derweil scharrt der Übernahmebereite mit den Füßen, während der Übergebende noch nicht loslassen kann.

Carolin Kaubisch und ihr Vater scheinen diese Klippen umschifft zu haben. Die Optikerin mit ihrem hellen, großzügigen Ladenlokal in der Chemnitzer Straße der Nationen ist seit Januar Eigentümerin von Optiker Meise, dem Unternehmen, das seit 1957 ihrem Großvater gehörte und das Kaubisch nun von ihrem Vater übernommen hat. Mit einer Mischung aus Traditionsbewusstsein und Weitsicht sind Vater und Tochter die Übergabe angegangen.

Vor drei Jahren, erzählt Carolin Kaubisch, habe ihr Vater sie zum ersten Mal gefragt, ob sie den Betrieb mit seinen fünf Angestellten übernehmen will. Mit einem „Überleg’s Dir mal“ habe er ihr die Entscheidung dafür oder dagegen offen gelassen. Zu diesem Zeitpunkt war Kaubisch schon zehn Jahre als Optikerin im Laden tätig, kannte Branche und Abläufe. Gelernt hatte sie zuvor bei einem anderen Optiker und nicht im Familienbetrieb – vorausschauend, wie sie sagt: „Das wollte keiner von uns“.

Die Entscheidung, das Geschäft zu übernehmen, fiel Kaubisch nicht schwer, vielleicht auch, weil sie die Übergabe in der eigenen Familie erlebt hat – vom Großvater an den Vater. Tochter und Vater vereinbarten einen Kauf. „Wir wollten keine Schenkung, Vermietung oder Verpachtung. Ein Verkauf schien uns die sauberste Lösung“, sagt Carolin Kaubisch. Um den Kauf zu finanzieren, nahm die Anfang 30-Jährige unter anderem einen Kredit bei ihrer Hausbank auf und bekam vom Optikindustrie-Unternehmen Zeiss zusätzlich ein Darlehen für Gründer.

Häufig entstehen bei Betriebsübergaben in Familien Konflikte, weil der Altinhaber eingefahrene Vorstellungen davon hat, wie der Betrieb zu führen ist und der Auftritt in der Öffentlichkeit auszusehen hat, sagt Sören Ruppik von der Handwerkskammer Chemnitz, der gemeinsam mit seinen Mitarbeitern regelmäßig Unternehmensübergaben begleitet. „Ich hatte gar keinen Grund, alles anders zu machen“, sagt hingegen Carolin Kaubisch. Aus einem nachvollziehbaren Grund: „Das Unternehmen ist immer mit dem Zeitgeist gegangen. Ich habe nicht viele Baustellen übernommen.“ Was Technik und Ausstattung angeht, sei das Geschäft auf dem neuesten Stand und schon vor der Übergabe war es mit einem Online-Shop und in den sozialen Medien präsent.

Auch die Rollenverteilung besprachen die beiden vor der Übergabe: „Es war klar, dass mein Vater nicht von heute auf morgen seine Schlüssel bei mir abgibt“. Senior Andreas Kaubisch kommt immer noch stundenweise ins Geschäft, hilft wenn nötig, freut sich aber auch, wenn seine Tochter ihm sagt, heute könne er mal zu Hause bleiben.

Die Betriebsberater der Handwerkskammer begleiteten den Inhaberwechsel mit einer Unternehmenswertermittlung und Tipps zur Übergabe. Carolin Kaubisch absolvierte an der Handwerkskammer zudem die Teile III und IV der Meisterschule sowie ein Seminar für Existenzgründer. Zwei Dinge hat Carolin Kaubisch dann doch anders gemacht: Erstmals seit vielen Jahren hat sie wieder einen Lehrling im Laden. Und ihre Mitarbeiter haben neue Firmenkleidung.

www.optikermeise.de